Klemens und ich betrachteten den gestrigen Tag als Materialtransport- und Erkundungstag mit erfreulich netten Klettereinlagen. Wir erkannten die Chance, dass die steile Westwand der Schijenfluh rasch abtrocknet und für unseren Klassikertag die Westverschneidung herhalten muss.
Eine verdammt imposante Wand, man mag gar nicht glauben, dass sie 'nur' 300m Wandhöhe hat. Dass wir das sperrende Dach nicht trocken vorfinden werden, damit rechnen wir fast, auch wenn es am Abend kurz viel versprechend aussah.
Westwand am Morgen vertreibt Kummer und sorgen:
Besser wirkt aber ein pfundiger 'Hallo wach' aus der Höllenmaschine, na dann 'wohl-sein':
Na gut, denn Kaffee konnt er gebrauchen der Klemens, der Zustieg war ohne Rucksack zwar easy, aber die erste Länge zeigt Zähne....Parodontose war das Problem, weil die meisten Zähne wackeln, 'wuhhhsaaaa' .... Bohrhaken beruhigen das Nervenkostüm (klicken nicht reiben!).
So nachdem sich der Klemens bequem eingerichtet hat und ich auf dem Weg zu ihm bin, bekomme ich schon die Info, meine nächste Länge sei wohl ein Highlight, überhängender Riss zwischen Hand und Faust mit Tendenz zum nach oben hin offener werden. Cool, Infos die ich brauch. Ich schaue es mir an und zeige dass es ganz ohne Faust geht, nämlich mittels diesen beiden Bohrhaken rechts daneben. Die Länge bleibt aber biestig und ich bin froh den Rest ohne weiteres Rasten frei klettern zu können. Klemens gibt sich Mühe, sehr zäh für 7+ war das fachmänische Risskletterurteil.
Es bleibt im weiteren anspruchsvoll, auch wenn durch die Bohrhaken einiges entschärft ist. Im allgemeinen tut es ganz gut, wenn man die eine oder andere Rissklettertechnik abrufbereit hat, gerade in den leichteren Längen ist das immer wieder notwendig.
Die 4er Länge bringt einen dann auf den Kopf des Einstiegspfeilers. Klemens steigt die Länge in die Verschneidung vor, nun bricht die Wand unter einem weg und im Hintergrund blitzen noch weiß verschneit die 3000er um Davos, geniales Ambiente.
Die Verschneidung pfeift hier 150m in den Himmel. Kaum zu glauben dass es kletterbar ist. Die erste schwere Verschneidungslänge gehört wieder mir im Vorstieg. Am Anfang holpert es noch kurz aber schnell kann ich mich an die Kletterei gewöhnen und steige frei im 7. Grad hoch, macht super viel Spaß und ist genau die richtige Dosis zwischen schwer und gängig, ein Juchzer entfleucht am Stand, SAUGEIL. Auch der Klemens ist im Nachstieg voll des Lobes für die Kletterei.
Wie in so einer steilen Verschneidung plötzlich eine 5+ daherkommt weiß man nicht, bekommt es aber gezeigt. Klemens führt die Länge unter die Schlüssellänge.
Wieder vorschützlich die Info vor ich die Missere sehe, die Schlüssellänge ist wohl etwas feucht. Dafür war die 5+ die ich gerade kletter vom feinsten, das alles a bissel schwerer ist wie man es sonst kennt, daran haben wir uns schon gewöhnt.
So ich bepacke mich mit allem was wir haben und stürzte mich ins Abenteuer Rissüberhang, a bissel feucht ist gut....schad das ich meine Angel daheim hab, sonnst könnt man einen Karpfen fürs Abendessen fangen, Wasser und Moos wären da, ideale Zuchtbedingungen.
Als ich mich endlich die 20m hochgekämpft hab, meist A0 versteht sich, sehe ich aus wie nach einer Runde Schlammcatchen. Aber ich stehe am Wandbuch und der Weiterweg scheint weniger Nass zu sein. Klemens catcht auch a bissel und jetzt ist die Sonne echt Gold wert, um uns wieder trocken zu legen. Im Wandbuch sind wir überrascht erst knapp über 340 Begehungen in den knapp 60 Jahren, elitäre Geschichte, trotz Sanierung sind es auch nicht durchschnittlich mehr geworden (12 Seilschaften in 3 Jahren). Auch Ulmer unter den Eingetragenen, Gruß an Michl und Bertl.
So eigentlich wären es nun noch 3 Längen, aber Klemens verringert es auf 2, indem er die VI- und die VII durchs Abschlussdach zusammen klettert, Ausdauerhammer an Paradehenkel. Wie man beim Ausstieg über das Abschlussdach dann eine VII ausspucken kann ist zwar ned ganz klar, aber die A0- Schlinge zeigt dass wir nicht die ersten sind die anderer Meinung wären ;).
4er Wasserrille an den Gipfel, mei was für eine eindrückliche Tour, mit Sicherheit zu recht lange Zeit zu den allerschwersten Touren der Ostalpen gezählt. Wahnsinnsleistung 1957 durch Diener und Niedermann, die durch einige Touren ihre ausgezeichnete Kletterkunst demonstrierten.
Glücklich und zufrieden am Gipfel:
Der Abstieg gestaltet sich als harmlos, denn genau so jäh wie die Schijenfluh nach Westen abbricht, genauso sanft läuft sie gegen Westen aus, der Plattentektonik sei dank.
Schnell wie a Dachs aber kalt am Hax:
Auf der Grenze zwischen Kalk und Gneis, nice!
Sie strahlt am Nachmittag einfach am schönsten, was für eine geniale Linie:
Facts:
Schijenfluh - Westverschneidung (8, 350m)
EB: P. Diener, M. Niedermann 1957
Super Klassiker in nicht immer ganz festem Fels, im unteren Teil mit mehr oben mit den nötigsten Bohrhaken saniert, keine Plaisierkletterei. Mit 6+ obligat kommt man wohl durch aber Spaß macht es erst wenn man ca. 7 im alpinen klettert. Erinnert eher an eine scharfe Dolomitentour (da sehr Riss und Verschneidungslastig) als an einen Rätikonklassiker - sehr empfehlenswert.
Material: Felskletterausrüstung mit min. 55m Doppelseil, 15 Express, Satz Camalots #0.4 - #2, Satz Keile, Schlingen für Sanduhr und Köpfle.
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